Reichenau Rundweg: Sehenswürdigkeiten im UNESCO-Welterbe
Reichenau Rundweg. Überblick
Der Reichenau Rundweg führt zu Sehenswürdigkeiten im UNESCO-Welterbe „Klosterinsel Reichenau“. Startpunkt ist der Bahnhof Reichenau auf dem Festland. Der Rundweg führt meist am Ufer entlang bis zur Westspitze bei Niederzell und von dort zurück zum Bahnhof. Die Tour ist kombinierbar mit einer Fährverbindung im Norden oder Süden der Insel.
Die Klosterinsel Reichenau liegt im Untersee, der durch den Seerhein mit dem Obersee verbunden ist. Beide Seen bilden den Bodensee. Die keilförmige Insel ist rund 4,5 km lang und 1,6 km breit. Auf der Insel Reichenau leben etwa 3.200 Einwohner*innen. Von Süden nach Norden gibt es auf der Insel drei Orte mit jeweils einer romanischen Kirche:
Oberzell mit der Kirche St. Georg und der Burgruine Schopflen,
Mittelzell mit dem ehemaligen Kloster Reichenau und
Der Bahnhof Reichenau liegt auf dem Festland beim Reichenauer Ortsteil „Lindenbühl“. Der Bahnhof Reichenau ist eine der Haltestellen des „Seehas“. So heißt der Zug, der zwischen Konstanz (im Süden) und Engen (im Norden) verkehrt. Webseite: https://sbb-deutschland.de/strecken/seehas/. Vom Bahnhof führt eine Buslinie auf die Insel Reichenau. Vor dem Damm steht die Kindlebildkapelle (Link). Angeblich sollen bei der Kapelle die ungetauften Kinder bestattet worden sein. Menschliche Überreste fand man bislang nicht.
Reichenauer Damm
Die Insel ist am Südostzipfel bei Oberzell seit 1838 durch den Reichenauer Damm mit dem Festland verbunden.
Eine dreireihige Pappelallee führt über den Reichenauer Damm. Auf der Insel Reichenau beginnt die Deutsche Alleenstraße. Sie führt – vorbei an anderen UNESCO-Welterbestätten – zur Insel Rügen. Mit über 2.900 km ist sie die längste Ferienstraße Deutschlands (Webseite: https://www.alleenstrasse.com/).
Wollmatinger Ried
Beiderseits des Reichenauer Damms erstreckt sich das Wollmatinger Ried. Es ist mit 7,6 km² das größte Naturschutzgebiet am deutschen Bodenseeufer. Im Juni und Juli ist das Ried meist überflutet, im Winter liegt es trocken. Ein Infopfad informiert über das Ried. Webseite: www.nabu-wollmatingerried.de/wollmatinger_ried.html
Burgruine Schopflen
Wer die Klosterinsel über den Reichenauer Damm besucht, fährt an der kleinen Burgruine Schopflen vorbei. Sie befindet sich auf der ehemaligen Insel Schopflen und diente dem Schutz des Inselzugangs. Die rechteckige Anlage nimmt eine Fläche von 31 m x 19 m ein. Die Vorgängerburg (1263 erstmals erwähnt), ließ Abt Diethelm von Castell 1312 erneuern. Die Burg wurde im Konstanzer Fischerkrieg zerstört.
Oberzell
Der erste Ort auf der Insel Reichenau ist Oberzell (510 Einw.). Der Reichenau Rundweg folgt der Pirminstraße, bis rechts die Kirche St. Georg auftaucht. Rechts in die Seestraße abbiegen. St. Georg (um 900) zählt zu den besonderen Sehenswürdigkeiten wegen der wertvollen Fresken aus dem 9. oder 10. Jahrhundert.
Abt Hatto III. (850–913) erhielt 896 vom Papst Reliquien des Heiligen Georg geschenkt. Hatto ließ um 900 die Kirche errichten, in der sich das „Georgshaupt“ befinden soll. Zwischen 925 und 945 baute man im Westen eine Apsis an. Im 11. Jahrhundert errichtete man die Vorhalle mit der Michaelskapelle.
Im Inneren von St. Georg haben sich bedeutende Fresken des 9. oder 10. Jahrhunderts erhalten. Sie zählen zu den Meisterwerken ottonischer Wandmalerei. Die Bilder sind durch horizontale Streifen mit geometrischen Mustern voneinander geschieden. Die bemalte Holzdecke schließt den Raum ab. Insgesamt vermittelt St. Georg einen guten Eindruck einer frühromanischen Kirche.
Zwischen den Arkadenbögen zeigen Rundbilder („Tondi“) Äbte des Klosters Reichenau.
Zwischen Arkadenzone und den Fenstern sind an der Nord- und Südseite des Langhauses insgesamt acht Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt. Sie zeigen vier Heilungen, drei Auferweckungen und die Beruhigung des Sturms auf dem See Genezareth.
In der Fensterzone sind die zwölf Apostel stehend dargestellt.
Vorbei an Gemüsefeldern und Rebflächen gelangt man nach Mittelzell:
mit dem Auto über die Pirminstraße (L221) im Norden. Deutlich länger ist die Südroute über die Obere Rheinstraße.
mit dem Rad durch die Seestraße, die dem Nordufer folgt und in Mittelzell in die Pirminstraße mündet. Man steht dann an der Südostecke eines dreieckigen Platzes, der „Ergat“ heißt. An dessen Südseite steht das Museum Reichenau.
Mittelzell
Mittelzell ist mit rund 2500 Einwohner*innen der größte Ort der Insel Reichenau. In Mittelzell befinden sich die Gebäude des ehemaligen Benediktinerklosters Reichenau: die Abteikirche St. Maria und Markus und der Klosterhof. Über die Geschichte der Gemeinde kann man sich informieren im Museum Reichenau:
Museum Reichenau
Das Museum Reichenau besteht aus Gebäuden an zwei Standorten:
Das Hauptgebäude in Mittelzell (Adresse: Ergat 1+ 3, 78479 Reichenau) informiert in drei Abteilungen über (1) Vor- und Frühgeschichte; (2) die Abtei, Weinbau, Fischerei und (3) lokale Künstler*innen.
Die Dependance in Oberzell ist den Malereien in St. Georg gewidmet. (Webseite: www.museumreichenau.de)
Vom Ergat geht es über die Pirminstraße nordwestwärts. Nach ein paar Metern rechts in die Burgstraße einbiegen. Dort steht das ehemalige Kloster Reichenau.
Münster Sankt Maria und Markus
724 gründete der heilige Pirmin (ca. 670–753) das Kloster mit einer Holzkirche. Sein Nachfolger Haito ließ eine steinerne Kirche erbauen (Weihe 816), von der sich Teile im Osten erhalten haben. Dessen Nachfolger Erlebald ließ die Kirche im Westen um das Westquerhaus und das Westwerk erweitern. Das heutige Gebäude ist teilweise ein Neubau von 1048. Spätere Hinzufügungen sind u. a. der offene Dachstuhl (1236/37) und der gotische Chor mit Sakristei. Im Barock entstand das Chorgitter (1746). 1757 wurde das Kloster aufgelöst.
Der Grundriss zeigt die karolingischen und ottonischen Gebäudeteile (schwarz) und die Erweiterungen der Gotik (schraffiert: Chor, Sakristei).
Von den fünf Glocken in der Glockenstube des Westturms stammt die älteste aus dem Jahr 1361. Sie wiegt eine Tonne, die Glocke im Dachreiter hingegen nur 65 kg.
Klosterhof
Südlich der Kirche schließt sich der Klosterhof an, erbaut 1605–10. Eines der Gebäude beherbergt das Rathaus Reichenau (siehe Foto). Webseite: https://www.reichenau.de/. Nördlich der Kirche befand sich der Kreuzgang, der nicht mehr erhalten ist.
Schatzkammer
In der Sakristei (nördlich des Chors) ist die Schatzkammer untergebracht. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen fünf Schreine, darunter der Markusschrein (1303–05) und eine Handschrift (9. Jh.). Sie ist das einzige Zeugnis der berühmten Reichenauer Buchmalerei, das vor Ort geblieben ist. Alle anderen Reichenauer Handschriften ruhen in Bibliotheken außerhalb der Insel Reichenau. Einige zählen zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.
Die ehemalige Benediktinerabtei auf der Insel Reichenau war ein bedeutendes kulturelles Zentrum des Mittelalters. „Ora et labora“ gilt als Motto des Benediktiner-Ordens: „Bete und Arbeite“. Beten kann man in den drei romanischen Kirchen der Insel; der Arbeit geht man vor allem auf dem Feld nach – oder im Klostergarten.
Klostergarten nach Strabo
Der Reichenauer Mönch Walahfrid Strabo schrieb um 840 ein Buch über den Gartenbau („Liber de cultura hortorum“). Das auch als „Hortulus“ bekannte Büchlein nennt 24 Heilpflanzen. Neben dem Kloster hat man einen Kräutergarten angelegt, in dem diese Pflanzen wachsen, darunter Salbei und Liebstöckl, aber auch Rose und Melone sind aufgeführt. Das milde Klima der Bodenseeregion ist auch günstig für das Gemüse, das auf der Insel anbaut.
Gemüse von der Insel Reichenau
Unübersehbar ist der Gemüseanbau. Auf Feldern und in Gewächshäusern baut man regionale Spezialitäten an. Zu den vier Gemüsesorten mit geschützter geografischer Angabe (g.G.A.) zählen: „Blattsalate von der Insel Reichenau“, „Feldsalate von der Insel Reichenau“, „Tomaten von der Insel Reichenau“ und „Gurken von der Insel Reichenau“. (Webseite: www.reichenaugemuese.de)
Yachthafen Herrenbrücke
Nördlich des Klosters biegt man von der Burgstraße rechts in die Haitostraße. Sie führt direkt auf den Yachthafen Herrenbrücke zu (Webseite: https://www.reichenau-tourismus.de/attraktion/yachthafen-herrenbruecke-d81f23e087). Von dort besteht eine Fährverbindung zum Ort Allensbach am anderen Ufer des Gnadensees. Vom Yachthafen geht es westwärts nach Niederzell:
Am Ufer führt der Uferweg entlang, der sich für Spaziergänge eignet. Ihm links (westwärts) folgen bis zum Strandbad Reichenau. Dann am Uferweg weitergehen und immer rechts halten. Man erreicht in der Straße „Im Winkel“ die Bebauung von Niederzell. Die Straße mündet in die Eginostraße. Dieser in Fahrtrichtung folgen und an der nächsten Weggabelung rechts (oder links) zur Kirche gehen.
Für eine Radtour empfiehlt sich eine Alternativroute: Vom Yachthafen durch die Hermannus-Contractus-Straße nordwestlich, die Kreuzung überqueren und durch die Schulstraße bis zur Wittigowostraße. Man kann nicht direkt geradeaus weiterfahren, sondern muss entweder rechts (an der Walahfrid-Strabo-Schule vorbei) oder links einen kurzen Umweg fahren. Dann geradeaus parallel zum Ufer. Nächste Station am Reichenau Rundweg ist das Strandbad Reichenau.
Strandbad Reichenau
Das Strandbad besteht aus einem langen Gebäudetrakt mit den Umkleidekabinen, der auf einer grünen Wiese steht. Zum Schwimmen im Gnadensee geht es an den Strand. Das Freibad hat in den Sommermonaten ( 15. Mai bis 15. September) geöffnet. (Webseite: www.reichenau.de/de/Insel-Festland/Freizeit/Strandbad)
Niederzell (St. Peter und Paul)
Im Norden der Insel liegt der kleinste Ort, Niederzell (ca. 340 Einw.). Die romanische Kirche St. Peter und Paul wurde um 1080 an der Stelle eines Vorgängerbaus erbaut. Um 1750 baute man die Kirche im Rokokostil um. Der Grundriss zeigt, dass das Halbrund der drei Apsiden von außen nicht erkennbar ist; die Form des Baukörpers im Außenraum leugnet Form und Anzahl der Innenräume.
In der mittleren Apsis haben sich Reste der Wandmalerei erhalten: Dargestellt waren ursprünglich zwei 12-bogige Arkaden. In der unteren Arkadenzone standen 12 Propheten mit Spruchbändern, sie repräsentieren das Alte Testament. Darüber saßen 12 Apostel des Neuen Testaments. Dem Einbau des gotischen Fensters fielen oben und unten je zwei Arkadenbögen zum Opfer.
Schloss Windegg
An der Nordspitze steht das „Bürgle“ genannte Schloss Windegg (14 Jh., Umbau 17. Jh.). Der dreigeschossige Bau mit Treppengiebel dient als Seminargebäude. Eine zinnenbewehrte Mauer umgibt das Gelände.
Von Niederzell führt der Reichenau Rundweg südostwärts:
Man kann zum Wandern über weite Strecken, aber nicht durchgehend, dem Uferweg folgen.
Mit dem Auto oder Rad kann man auch eine Alternativroute nehmen. (Man muss nicht so oft die Richtung wechseln, teilt sich aber die Straße mit dem übrigen Verkehr.): Man folgt der Niederzeller Straße südwärts. Sie mündet in die Straße „Zum Sandseele“, der man in Fahrtrichtung folgt. Sie geht in der Linkskurve über in die Untere Rheinstraße. (Die Stedigasse führt rechts zur Schiffslände.) Kurz vor der Einmündung in die Obere Rheinstraße steht Schloss Königsegg:
Schloss Königsegg
In Schloss Königsegg (16 Jh; Umbau 1840) befindet sich eine Logopädieschule. Die Anlage ist nicht zugänglich. In einem der zahlreichen Gewächshäuser finden die Glashausspiele statt.
Der Oberen Rheinstraße südwärts kurz folgen, dann links in die Hochwartstraße. Rechts auf den Hügel Hochwart fahren:
Hochwart
Die höchste Erhebung der Insel Reichenau ist die Hochwart. Von dort hat man guten Überblick über die Insel. Ostwärts weiter, biegt man rechts ab, fährt hinab und biegt dann links ab (Moosweg oder Eichenweg). Beide Wege münden in die Oberzeller Straße. Jeweils rechts abbiegen und dem Straßenverlauf folgen. An der Rechtskurve links in die Straße „In der Abtwiese“ einbiegen. Diese geht über in die Straße „Im Streichen“. Diese mündet in die Pirminstraße, der man ostwärts auf den Reichenauer Damm folgt. Der Reichenau Rundweg endet am Bahnhof.
Warum ist die Insel Reichenau UNESCO-Weltkulturerbe?
Die UNESCO hat die Insel Reichenau zum Weltkulturerbe erklärt, weil drei (von zehn) Welterbe-Kriterien erfüllt sind (Übersetzung durch das Auswärtige Amt):
„Kriterium (iii): Die Überreste der Klosteranlage auf der Reichenau zeugen in außergewöhnlicher Weise von der religiösen und kulturellen Rolle eines großen Benediktinerklosters im frühen Mittelalter.
Kriterium (iv): Die Kirchen auf der Insel Reichenau enthalten bemerkenswerte Elemente aus mehreren Bauabschnitten und sind somit herausragende Beispiele für die Klosterarchitektur in Mitteleuropa vom 9. bis zum 11. Jahrhundert.
Insel Reichenau Rundweg: Informationen für Besucher*innen
Anreise
Landweg. Über den Reichenauer Damm ist die Insel an der Südspitze mit dem Festland verbunden. Dort, bei Lindenbühl, befindet sich der Bahnhof Reichenau. Eine Busverbindung führt vom Bahnhof auf die Insel.
Wasserweg. Die Insel ist auch per Schiff erreichbar: Anlegestellen gibt es in der Mitte der Insel
an der Südseite im Hafen Reichenau („Schiffslände“; Solarfähre nach Mannenbach; Verbindungen nach Iznang und zum Bodensee. Webseite: www.solarfaehre-reichenau.de),
an der Nordseite am Yachthafen Herrenbrücke (Bodenseefähre zwischen Reichenau und Allensbach. Webseite: www.schifffahrtbaumann.de).
Das Pfahlbaumuseum Unteruhldingen am Bodensee ist Teil des transnationalen Weltkulturerbes „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“. In dem Freilichtmuseum hat man drei Pfahlbausiedlungen rekonstruiert.
Untermann, Matthias u. a.: Klosterinsel Reichenau im Bodensee. UNESCO-Weltkulturerbe (= Arbeitsheft Nr. 8; Landesdenkmalamt Baden-Württemberg), Stuttgart: Theiss, 2001. ISBN: 3-8062-1677-0
Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (Hrsg.): UNESCO-Welterbe Klosterinsel Reichenau in Baden-Würtemberg. Stuttgart, frechdruck, 2013