Hamburg: Brücken-Metropole Europas

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Hamburg: Brücken-Metropole Europas

Mit rund 2500 Brücken ist Hamburg die Stadt mit den meisten Brücken Europas – weit mehr als Venedig mit kaum 400 Brücken. Anders als in der Lagunenstadt, wo Steinbrücken dominieren, sind die Brücken der Speicherstadt aus dem Baustoff, der im 19. Jahrhundert die Architektur revolutionierte: Stahl. Das sich ausbreitende Eisenbahnnetz, die weitgespannten Bahnhofshallen, der himmelhohe Eiffelturm oder die stählernen Ozeandampfer, die in Hamburgs Hafen anlegten: Stahl repräsentiert das Neue, das Moderne, den Fortschritt. Ganz anders der Backstein, der für die nicht schnörkelfreien Lagerhäuser der Speicherstadt zum Einsatz kam und in einer langen Tradition im Profan- und Sakralbau Norddeutschlands steht.


Die Vielfalt der Hamburger Brücken

Den Brücken der Speicherstadt ist das Material gemeinsam. Wenn man sich Zeit nimmt, entdeckt man zahlreiche Unterschiede in Form und Funktion: Es gibt Drehbrücken und feste Brücken; Brücken für Fußgänger, für Straßen- und Schienenverkehr; ein- und zweistöckige Brücken; Bogen-, Sichelbogen-, Schrägseil- oder Balkenbrücken, lange und kurze, schmale und breite und sogar geknickte Brücken… eigentlich ist Hamburg alleine schon wegen der Brücken eine Reise wert.


Die Brücken mit allen Sinnen wahrnehmen

Jede Brücke hat nicht nur ihr eigenes Aussehen, sondern auch ihren eigenen Klang: Motoren treiben Drehbrücken an, sie quietschen und grollen beim Drehen. Die eigenen Schritte klingen auf Stahl anders als auf Pflasterstein oder Holz. Auf einigen Brücken herrscht Ruhe, auf anderen hört man Stimmen, wieder andere sind eingehüllt in Straßenlärm. Man spürt die Brücken auch: Es gibt zitternde Brücken und ruhende Brücken. Auf manchen riecht es nach Meer, auf anderen nach Motoren. Nimmt man sich Zeit, um die Brücken mit allen Sinnen wahrzunehmen, entdeckt man die Einzigartigkeit jeder Brücke, ihre Geschichte. Also: Beim Besuch der Speicherstadt lohnt der ein oder andere Umweg zu einer Brücke.


Informationen zu den Hamburger Brücken

Beitragsbild: Johann Theobald Rievesell (1836-1895): Dovenfleet (1883). Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei.

Ericusbrücke, Shanghaibrücke und ein Tisch

Zwei Brücken & ein Tisch

Eine Reise wert ist das Gebiet am Brooktorkai eigentlich wegen eines Tisches, aber auch die Ericusbrücke und die Shanghaibrücke sind sehenswert. Die eine Brücke ist ein technisches Denkmal, die andere preisgekrönt. Und einer der bestausgezeichneten Köche Deutschlands bittet in der Nähe zu Tisch – nämlich in „The Table“.

Ericusbrücke

Die Ericusbrücke ist eine Drehbrücke, die vom Brooktorkai /Ericus zum Lohsepark führt. Sie wurde 1870 erbaut und gilt als eine der ältesten erhaltenen Drehbrücken Deutschlands. Die Stahlbrücke mit unterschiedlich langen Armen (Nordarm: 17,7 m; Südarm: 18,0 m) dreht sich auf einem Steinpfeiler im Ericusgraben und ermöglichte die Einfahrt von Schiffen. Benannt ist die Brücke nach der Bastion Ericus, die Teil der ehemaligen Stadtbefestigung war. (Die Ericusbrücke vermittelt kein Bild der abgetragenen Drehbrücke am Niederbaum, denn diese war als Stabbogenbrücke konzipiert, das heißt, die Fahrbahn trug einen Bogen.)

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Shanghaibrücke

Zum Bauwerk des Jahres 2006 hat der Hamburger Architekten- und Ingenieurverein die Shanghaibrücke gekürt. Sie ist eine breite Rahmenbrücke für Fußgänger und Straßenverkehr. Der Architekt Dietmar Feichtinger hat Erfahrung mit der Planung für UNESCO-Welterbestätten: Er entwarf eine 1841 m lange Brücke zum Mont Saint-Michel (Weltkulturerbe seit 1979) und die Passerelle Simone-de-Beauvoir über die Seine in Paris (Die Pariser Seine-Ufer zählen zum Weltkulturerbe seit 1991.). Auf den Seiten des Vereins heißt es:

„Die Shanghaibrücke trägt den Weg über das Wasser in der Eleganz ausgewogener Proportionen und wird so zum ästhetischen Merkpunkt, zur Landmarke. Fußgänger wie Autofahrer erleben die Brücke als eigenständigen Ort, von dem aus sich das Flair einer mit Fleeten und Kanälen durchzogenen Stadt am Wasser in besonderer Weise erschließt.“ (Link)

Der ästhetische Merkpunkt fällt kaum auf. Ist es nicht übertrieben, die Brücke als „Landmarke“ zu bezeichnen? Landmarke: Ein Begriff, der auf die sich auftürmende Elbphilharmonie, die weitgespannte Köhlbrandbrücke oder den 280 m hohen Heinrich-Hertz-Turm zutrifft, – aber auch auf die Shanghaibrücke, deren höchstes Element das Brückengeländer ist? Erleben die Autofahrer, die über die Brücke rauschen, diese tatsächlich als „eigenständigen Ort“? Kein Wort auch zu den vier Fahrbahnen Verkehrslärm, die dem Hörgenuss abträglich sind, wenn man das erwähnte Flair genießen möchte. Dafür und für die städtebaulichen Rahmenbedingungen kann freilich der Architekt nichts, der wahrscheinlich das Beste aus der Situation gemacht hat.

The Table

Eine kulinarische Landmarke ist übrigens das nahegelegene Restaurant „The Table“: Kevin Fehlings kulinarische Kreationen sind den Feinschmeckern des Guide Michelin drei Sterne wert. Das ist die höchste Auszeichnung, mit der sich deutschlandweit nur rund ein Dutzend Restaurants schmücken dürfen. Drei Sterne bedeuten laut Michelin-Definition: „eine Reise wert!“ (Adresse: The Table, Shanghaiallee 15, 20457 Hamburg, www.thetable-hamburg.de).

Fehling kochte zuvor in einer Welterbestätte, nämlich im Restaurant Wullenwever, das in der Lübecker Altstadt steht.