Der Bremer Roland steht unübersehbar auf dem Marktplatz, dem Zentrum der Bremer Altstadt. Er ist eine 5,5 m hohe Steinfigur, überragt von einem steinernen Baldachin. Der Roland trägt Rüstung und Schwert, der umgehängte Schild zeigt den doppelköpfigen Reichsadler – Symbole der Gerichtsbarkeit und Reichsunmittelbarkeit.
Zusammen mit dem Bremer Rathaus, das zu seiner Linken steht, zählt der Roland zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Von der Seite betrachtet, ist der Roland etwas dünn. Er steht auf einem dreistufigem Podest kerzengerade an einem Pfeiler, der in einer Kreuzblume endet. Das Gitter, das den Roland umgibt, ist eine Rekonstruktion des 20. Jahrhunderts. Links im Hintergrund steht die Kirche Unserer Lieben Frau; rechts hinter dem Roland das Bremer Rathaus.
Roland und der Bremer Dom
Der Roland ist auf dem Marktplatz so aufgestellt, dass er in Richtung Dom blickt (Webseite: http://www.stpetridom.de/). Die Bremer Bürgerschaft und der Bischof rangen im Mittelalter um die Macht in der Stadt. Der Bremer Roland hatte einen hölzernen Vorgänger, den der Bischof Albert II. 1366 zerstören ließ. Daraufhin bauten die Bürger*innen 1404 einen neuen Roland, diesmal aus Stein. Die Steinmetze hießen Claus Zeelleyher und Jacob Olde.
Das moderne Gebäude rechts ist das Haus der Bürgerschaft (1959-66, Wassili Luckhardt). Hier tagt das Stadtparlament der Freien Hansestadt Bremen: die Bremische Bürgerschaft. Sie ist zugleich Landesparlament, denn Bremen ist ein Bundesland, und zwar das kleinste Deutschlands. Webseite: https://www.bremische-buergerschaft.de
Details
Kopf und Schild des Bremer Roland
1983-84 restaurierte man den Bremer Roland. Dabei ersetzte man den Originalkopf durch eine Kopie. Der mittelalterliche Rolandkopf ist seitdem im Focke-Museum ausgestellt (Webseite: https://www.focke-museum.de/). Er besteht aus Elmkalkstein, den man in Steinbrüchen südwestlich von Braunschweig schlug.
Der hölzerne Rundschild zeigt den doppelköpfigen Reichsadler mit Krone. Der Schriftzug am Schildrand beginnt links oben und lautet: „vryheit do ik ju openbar / d’ karl vnd mēnich vorst vorwar / desser stede ghegheuen hat / des danket god’ is mī radt“; übertragen ins Hochdeutsche: „Freiheit verkünde ich euch, die Karl [der Große] und mancher Fürst fürwahr, dieser Stätte gegeben hat. Das danket Gott, ist mein Rat.“
Knie und Figur zwischen Füßen
Angeblich kehrt nach Bremen zurück, wer dem Roland die Knie reibt. Zwischen den Füßen ist im Flachrelief eine kauernde Figur dargestellt. Sie streckt ihr Gesicht nach oben und hält die Arme angewinkelt ausgestreckt. Unbekannt ist, wen diese Figur darstellt.
Pfeiler
Der Pfeiler gibt dem Roland Halt und trägt einen Baldachin, der den Roland-Kopf vor Regen schützt. Der Pfeiler besteht aus Obernkirchener Sandstein. Dieser war früher als Bremer Stein bekannt, weil man ihn von Obernkirchen auf der Weser nach Bremen transportierte und dann weltweit verschiffte. Der Sandstein ist von hoher Qualität; man hat ihn auch für den Bau anderer Welterbestätten verwendet, z. B. beim Kölner Dom.
Standort
Der Bremer Roland steht heute etwa vor der Mitte des Bremer Rathauses. Die Zeichnung von 1603 zeigt ihn aber auf Höhe der Südecke des Rathauses, also näher am Dom. Der Marktplatz war von einer Mauer umgeben; das kleine achteckige Gebäude links im Vordergrund war der Pranger, auf dessen Dach man die Verurteilten zur Schau stellte.
"Kleiner Roland" und andere Rolandfiguren
Der Bremer Roland ist nicht die einzige Roland-Figur – nicht einmal in Bremen:
Der sogenannten „Kleine Roland“ (1737: Bildhauer: Theophilus Wilhelm Frese) steht auf der Brunnensäule des Rolandbrunnens. Er befindet sich am Neuen Markt in der Bremer Neustadt. Die Bewohner:innen der Neustadt hatten nicht die gleichen Rechte wie die Bürger der Altstadt. Ihr Kleiner Roland symbolisierte die Forderung nach Gleichheit. Erst nach der Märzrevolution von 1848 erhielten die (männlichen) Neustädter das volle Bürgerrecht.
In Quedlinburg, UNESCO-Weltkulturerbe, steht der Roland mit dem Rücken zur Rathauswand. Er ist 2,75 m hoch und hebt sein Schwert mit der Rechten in die Höhe. Der Quedlinburger Roland wurde um 1430 errichtet, 1477 zertrümmert und erst 2013 an alter Stelle mit neuer Nase aufgerichtet.
Weitere Städte mit UNESCO-Weltkulturerbe und Rolandbrunnen sind Hildesheim und Prag. Verloren sind die Rolande in den Welterbestätten Dessau, Lübeck und Stralsund. Nachbildungen des Bremer Roland stehen außerdem in der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Zionskirche in New York (Geschenk der Stadt Bremen von 1890) und im japanischen Obihiro (siehe Liste der Rolandstatuen).
Rolandsage
Roland bzw. Orlando (italienisch, spanisch) lebte von etwa 736 bis 778 und war Markgraf der östlichen Bretagne. Als Karl der Große in Spanien einem Feldzug gegen die Mauren führte, überfiel Karls Heer die christliche Stadt Pamplona im Baskenland. Während des Rückzugs befehligte Roland die Nachhut. In den Pyrenäen (bei Roncesvalles) überfielen Basken die Truppen und Roland fiel im Kampf. Die Illustration oben zeigt Roland, neben ihm das Schwert Durandat und das Signalhorn (ein Olifant aus Elfenbein).
Rolandlied
Zwischen 1075 und 1100 entstand in Frankreich das Rolandlied. Roland wird als Neffe Karls des Großen dargestellt. Rolands Schwiegervater habe ihn an den muslimischen König Marsilie verraten. Dieser (und nicht christliche Basken) habe die Nachhut überfallen. Damit sein Schwert „Durandat“ (frz. Durendal) nicht in Feindeshand fällt, habe Roland angesichts der drohenden Niederlage versucht, das Schwert an einem Felsen zu zerschmettern – und dabei die etwa 100 m hohe Rolandsbresche geschlagen (siehe Foto links). Der Rolandsage zufolge besiegte der herbeigerufene Karl der Große die Feinde und bestrafte später den Verräter.
Rolands Schwert & Olifant
Angeblich soll Rolands Schwert Durandat in einem Felsen bei der südfranzösischem Dörfchen Rocamadour feststecken. In der 600-Seelen-Gemeinde gibt es sechs Kirchen und Kapellen, denn Rocamadour ist ein Wallfahrtsort. Die Kirche Saint-Sauveur ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes „Pilgerwege nach Santiago de Compostela“ (1993; http://whc.unesco.org/en/list/669), gemeint sind die „Jakobswege“.
Rolands Olifant soll auch noch existieren – und zwar sowohl im Veitsdom in Prag als auch in der Kirche von Santiago de Compostela. Sicher ist: Beide Städte zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe („Altstadt von Santiago de Compostela“ (Nr. 347, Jahr: 1985; http://whc.unesco.org/en/list/347) und „Historisches Zentrum von Prag“ (Nr. 616, Jahr: 1992; http://whc.unesco.org/en/list/616). Der Bremer Roland wird mit Schwert, aber ohne Olifant dargestellt. Vielleicht, weil er es nicht nötig hat, den Kaiser um Hilfe zu rufen.
Freiheitsstatuen weltweit. Beispiel New York
Weltweit wollen Menschen in Freiheit leben. Mancherorts hat man Freiheitsstatuen errichtet, und der Bremer Roland ist nicht die einzige Freiheitsstatue, die zum UNESCO-Welterbe zählt.
Freiheitsstatue in New York
Der Bremer Roland hat eine große Schwester: die Freiheitsstatue in New York. Seit 1984 zählt sie zum UNESCO-Welterbe in New York. Sie wurde 1886 eingeweiht, ist 46 Meter hoch und besteht aus einem Traggerüst, das mit Kupferplatten verkleidet ist. Der Kopf der Statue ist mit 5,2 m fast so groß wie der gesamte Bremer Roland (5,5 m). Im Unterschied zum Roland, der mitten auf dem Bremer Marktplatz steht, befindet sich die Freiheitsstatue alleine auf der Insel Liberty Island im New Yorker Hafen. Und während der Bremer Roland ebenerdig steht, hat die Freiheitsstatue einen 27 m hohen Sockel unter ihren Füßen, der wiederum auf einer fast 20 m hohen Basis steht (Webseite: https://www.nps.gov/stli/).
Beide Statuen symbolisieren zwar Freiheit, aber auf unterschiedliche Weise: Der Roland kämpferisch mit Rüstung, Schwert und Schild; die Freiheitsstatue hingegen mit der Fackel der Freiheit und der Gesetzestafel in der Hand. Beide richten sich an verschiedene Personen: Der Bremer Roland ist zum Bremer Dom gewendet und zeigt dem Bremer Bischof die Stirn. Die Freiheitsstatue ist zum Atlantik gerichtet: Von dort kamen die Schiffe mit Auswanderer:innen und Flüchtlinge aus Europa. Sobald sie die Freiheitsstatue sahen, wussten sie, dass sie endlich ihr Ziel in der Neuen Welt erreicht haben.
Warum zählt der der Bremer Roland zum UNESCO-Weltkulturerbe?
Die UNESCO hat den Bremer Roland und das Bremer Rathaus zum Weltkulturerbe erklärt, weil drei (von zehn) Kriterien erfüllt sind (Übersetzung: Auswärtiges Amt):
„Kriterium (iii): Das Bremer Rathaus und der Roland sind ein außergewöhnliches Zeugnis der sich im Heiligen Römischen Reich entwickelnden bürgerlichen Autonomie und Souveränität.
Kriterium (iv): […] Der Bremer Roland ist die repräsentativste Rolandstatue, die als Symbol für Marktrechte und Freiheit errichtet wurde, und auch eine der ältesten.
Kriterium (vi): Das Ensemble von Rathaus und Roland von Bremen mit seiner Symbolik ist direkt mit dem Aufkommen der Konzepte der bürgerlichen Autonomie und der Marktfreiheit im Heiligen Römischen Reich verbunden. Der Bremer Roland bezieht sich auf eine historische Persönlichkeit, einen Paladin Karls des Großen, der die Vorlage für die französischen „chanson de geste“ und andere epische Poesie des Mittelalters und der Renaissance lieferte.“ (Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2295382/9cad1bb26f15adffe335ca87bbe80323/28-rathaus-roland-marktplatz-bremen-data.pdf)
UNESCO-Welterbe in der Nähe des Bremer Rolands
Rathaus und Ratskeller in Bremen
Das nächstgelegene Welterbe ist das Bremer Rathaus. Zu dessen Sehenswürdigkeiten zählen die Obere Rathaushalle mit der Güldenkammer sowie der Ratskeller mit einer riesigen Weinsammlung (Webseite: http://www.rathaus-bremen.de/). Rathaus und Roland bilden eine gemeinsame Welterbestätte.
Weitere UNESCO-Welterbestätten außerhalb Bremens sind:
das Deutsche Wattenmeer (Niedersächsisches Wattenmeer, Hamburgisches Wattenmeer, Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer): Deutschlands größtes Weltnaturerbe,