Bremer Rathaus & Ratskeller: UNESCO-Welterbe in Bremen
Bremer Rathaus. Überblick
Das Bremer Rathaus zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe „Rathaus und Roland auf dem Marktplatz von Bremen“ (2004). Das Rathaus besteht aus drei Bauten:
Altes Rathaus am Marktplatz,
Bremer Ratskeller (im Keller des Alten Rathauses und unterhalb des Platzes „Unser Lieben Frauen Kirchhof“),
Neues Rathaus (hinter dem Alten Rathaus).
Im Folgenden wird kurz die Entstehungsgeschichte skizziert, dann folgt ein Rundgang um das Bremer Rathaus. Anschließend ein paar Einblicke in den Ratskeller sowie das Innere des Alten und des Neuen Rathauses. Wer an einer Führung durch das Gebäude teilnehmen möchte, findet am Schluss Links.
Der Bremer Roland wird in einem eigenen Artikel behandelt (Mehr erfahren zum Bremer Roland).
1405 bis 1410 errichtete man einen gotischen Backsteinbau mit Zinnenkranz und vier Ecktürmchen. Die Arkade am Markt diente als Gerichtslaube und besaß einen zinnenbewehrten Aufbau.
Lüder von Bentheim (1555–1613) baute das Rathaus um: Er ersetzte die gotischen Spitzbogenfenster durch große Rechteckfenster (um 1600). Dann baute er den Mittelrisalit und entfernte Ecktürmchen und Wehrgang des Vorgängerbaus (1608–12).
Der Stich oben zeigt den Marktplatz im Jahr 1603. Das Alte Rathaus steht rechts. Die gotischen Spitzbogenfenster sind bereits ersetzt. Der Roland stand damals weiter südöstlich.
Palatium und Kleines Palatium
An der Stelle des Neuen Rathauses stand im Mittelalter die Residenz des Bischofs. Das sogenannte Palatium war eine Dreiflügelanlage mit dem Hauptbau im Osten. Die Zeichnung (angefertigt 1695) zeigt links die Südecke des Alten Rathauses, rechts davon der Hauptbau des Palatiums. Am rechten Bildrand ist der Bremer Dom abgebildet.
Die Fotografie unten zeigt das kleine Palatium. Es wurde 1580 erbaut und stand westlich des (großen) Palatiums. Es diente wohl als Zehntscheune. Die Ecktürmchen erinnern an die des Bremer Rathauses, hatten allerdings eine andere Aufgabe: sie dienten als Kamine.
Stadthaus Bremen
1816 riss man das bischöfliche Palatium weitgehend ab und baute 1818–19 das Stadthaus (Architekt: Nicolaus Blohm). Dieses riss man wiederum 1908 ab, um Platz zu schaffen für das Neue Rathaus (1909–13) – das bis heute steht. Den Zweiten Weltkrieg haben Altes und Neues Rathaus unbeschadet überstanden.
Bremer Rathaus - Rundgang außen
Lageplan
Der Rundgang um das Bremer Rathaus führt gegen den Uhrzeigersinn um das Alte und das Neue Bremer Rathaus – und über den Bremer Ratskeller. Die Lagekarte zeigt das Bremer Rathaus in der Mitte. Vom Unser Lieben Frauen Kirchhof führt der Weg zum Marktplatz (mit dem haus der Bürgerschaft), weiter zum Grasmarkt (mit dem Bremer Dom). Nächste Station ist der Domshof im Osten. Von dort geht es durch die Straße Schoppensteel zurück zum Unser Lieben Frauen Kirchhof.
Kirchhof
Wenn man durch die Obernstraße nach Südosten auf das Rathaus zuläuft, bietet sich folgendes Bild: Das Gebäude links im Bild ist das Neue Rathaus (1909–13, Gabriel von Seidl). Hinter den unbeleuchteten Fenstern im 1. Obergeschoss befindet sich der Festsaal (siehe unten). Der schmale Anbau ist die Alte Kanzlei (1638). Rechts folgt das Alte Rathaus. Das spitzbogige Portal führt in die Untere Rathaushalle. Rechts davon geht es hinab in den Ratskeller. Geht man auf das Rathaus zu, entdeckt man zwei „Details“:
Bremer Stadtmusikanten
Vor der Alten Kanzlei stehen auf einem Steinsockel die Bremer Stadtmusikanten: Esel, Hund, Katze und Hahn (1953, Gerhard Marks). Die Figurengruppe ist zwei Meter hoch. Die Vorderbeine des Esels sind auffallend hell: Angeblich erfüllt sich ein Wunsch, wenn man sie mit beiden Händen anfasst. Außer Reichweite befindet sich das Ecktürmchen:
An der Nordecke des Alten Rathauses hat sich eines der Ecktürmchen erhalten. Die Figur unterhalb des Türmchen soll den Baumeister des Alten Rathauses darstellen: Meister Johannes. (Die vier anderen Figuren stellen Propheten dar.) Die Detailaufnahme zeigt, dass die Fassade abwechselnd aus schwarz und rot glasiertenen Ziegelsteinlagen gemauert wurde. Beim Umbau ab 1595 hat man sich nicht mehr die Mühe gemacht, dieses Muster beizubehalten. So kann man die Mauerflächen vor und nach dem Umbau unterscheiden – vor allem an der Markseite.
Marktplatz
Das Foto zeigt links die reichverzierte Fassade des Alten Bremer Rathauses. Davor steht der Bremer Roland. Im Boden des Platzes eingelassen ist das Hanseatenkreuz aus rotem Stein, umgeben von einem zehnspeichigem Rad aus dunklem Stein. Das Gebäude rechts ist das Haus der Bremischen Bürgerschaft. Im Hintergrund steht der Bremer Dom. Auf dem Weg dorthin gelangt man zum Grasmarkt.
Grasmarkt
Das Foto zeigt den Bremer Rathauskomplex vom Grasmarkt mit Blick nach Westen. Links das Alte Rathaus: Die östliche Schmalseite gleicht der westlichen weitgehend, abgesehen von dem Ecktürmchen. Rechts ist das Neue Rathaus angebaut: Der Vorbau (mit dem dunklen Auto davor) ist der sogenannte Bürgermeisterker. Das Rundbogenfenster im ersten Obergeschoss ist die Verkündungslaube.
Herolde
An der Ostseite des Bremer Rathauses flankieren zwei Reiterfiguren den Eingang. Der Bildhauer Rudolf Maisonhatte sie eigentlich für die Pariser Weltausstellung 1900 entworfen. Von dort kamen sie als Geschenk nach Bremen. 1901 stellt man sie vor dem Rathaus auf, wo sie bis zum Zweiten Weltkrieg blieben. Seit 2003 stehen sie wieder an ihrem alten Platz. Zwei Reiterfiguren, die Maison für den Westeingang schuf, wurden 1942 eingeschmolzen. Dafür stehen dort die Musikanten. Läuft man – das Rathaus zur Linken – nach Nordosten, erreicht man den Domshof.
Domshof
Schaut über den Domshof hinweg zurück nach Westen, hat man den nebenstehenden Anblick. Ganz links, unter dem Baum, steht der Neptunbrunnen. Im Hintergrund blickt man auf die Nordostecke des Neuen Rathauses mit dem Senatserker. Rechts steht der Neubau der Bremer Landesbank (2016, Caruso St. John Architects). Zwischen beiden Gebäuden gelangt man zum Unser Lieben Frauen Kirchhof.
Unser Lieben Frauen Kirchhof
Auf dem Kirchhof steht die Liebfrauenkirche, auf die man geradeaus zuläuft. Links gelangt man durch die Straße Schoppensteel zurück zum Ausgangspunkt. Rechts erreicht man die Freifläche des Platzes mit dem Marcus-Brunnen.
Das Foto zeigt Kirche und Kirchhof vom Markt mit Blick nach Norden. Rechts die westliche Schmalseite des Bremer Rathauses. Der Spalt zwischen Rathaus und Kirche ist die Straße Schoppensteel. Links hinter der Kirche steht der Marcus-Brunnen. Unterhalb des Platzes befindet sich ein Teil des Rathauskellers. Denn ursprünglich stand dort die Alte Börse, die man nach einem Brand 1888 abriss.
Bremer Rathaus innen
Untere Rathaushalle
Im Erdgeschoss befindet sich die Untere Rathaushalle, die Überbleibsel des Vorgängerbaus von 1410 ist. Sie diente bis ins 19. Jahrhundert als Markthalle. Zwei Reihen von je zehn Eichenständern tragen die Balkendecke. An den Schmalseiten führt je ein Portal in die Halle. Fünf reichverzierte Portale schmücken die Rückwand.
In der westlichen Ecke führt eine mit Stachelgitter geschützte Wendeltreppe (1532) in die Obere Rathaushalle. Nach dem Aufstand der 104 Männer im Jahr 1532 hat man die Außentreppe, die bislang ins Obergeschoss führte, abgerissen und durch die Innentreppe ersetzt.
Obere Rathaushalle
Das Obergeschoss nimmt die kostbar ausgestattete Obere Rathaushalle ein. Sie war wohl zuerst – wie die Untere Rathaushalle – durch Ständerreihen gegliedert. 1608 baute Johann Stollink von der Stolzenau den hölzernen Dachstuhl, von dem die Decke der Oberen Rathaushalle abgehängt ist. Die Decke ist mit Rankenwerk, Sternen und Medaillons verziert, die die deutschen Kaiser darstellen. Von der Decke hängen die Orlogschiffe.
Orlogschiffe
Die vier Orlogschiffe sind Modelle von Kriegsschiffen. „Orlog“ ist niederländisch und bedeutet „Krieg“. Das älteste Modell stammt aus dem Jahr 1545. 2017 hing man ein Modell ab und ersetzte es durch ein Schiff des Künstlers Hew Locke. Es trägt den Namen „Cui bono“ („Zu wessen Nutzen?“) – eine Frage, die man sich bei manchen Entscheidungen stellen kann, die im Rathaus getroffen werden. Das Foto zeigt eine der drei alten Orlogschiffe. Die Kanonen der Schiffe sind funktionsfähig.
Großes Walbild von Bartholomäus Bruyn
Das größte Walbild der Welt hängt im Bremer Rathaus. Es ist 3,55 m hoch, 9,55 m lang und zeigt einen Nordischen Zwergwal in Originalgröße. Ein solcher Wal hatte sich 1669 in einen Nebenfluss der Weser verirrt und wurde von Bremer Waljägern angeschossen und erschlagen. Seine Knochen hingen bis 1815 in der Oberen Rathaushalle. Das Walbild schuf der Bremer Maler Franz Wulfhagen (1624–70).
Fresko von Bartholomäus Bruyn
An der Nordwand befinden sich zwei großen Fresken. Das eine zeigt Kaiser Karl den Großen (links) und Bischof Willehad (rechts), die ein Modell des Bremer Doms halten. Das Werk (1532) schreibt man dem Kölner Bartholomäus Bruyn der Ältere (1493–1555) zu, der ein bedeutender Porträtmaler war. Auch das zweite Fresko gilt als ein Werk Bruyns. Es zeigt eine Szene aus der Bibel: das Salomonische Urteil. Es sollte wohl die Ratsherren daran erinnern, gerecht zu handeln.
Güldenkammer und Archiv
Die Güldenkammer und das darüber befindliche Archiv sind zwei Räume, die halb in die Obere Rathaushalle hinein und halb aus der Marktfassade herausragen.
Von der Oberen Rathaushalle gelangt man durch ein Portal (um 1620, Servas Hoppenstede) in die Güldenkammer (1905, Heinrich Vogeler) und von dort durch je eine Tür auf den nördlichen und südlichen Rathausaltan.
Eine reichverzierte Wendeltreppe (vor 1616, Reineke Stolling, Knecht Ronnich) neben der Güldenkammer führt hinauf in das Archiv.
Bremer Ratskeller
Der Ratskeller entstand beim Bau des gotischen Rathauses ab 1405 und zählt zu den ältesten Weinkellern Deutschlands. In den Gewölben lagern rund 500.000 Flaschen aus verschiedenen Jahrgängen und allen 13 Weinanbaugebieten Deutschlands, darunter ein Rüdesheimer Wein von 1653. Sehenswert sind die alten Fässer und die Malereien von Max Slevogt.
Grundriss Bremer Ratskeller
Durch den Nordeingang betritt man die Große Halle (1) mit den großen Weinfässern.
Der Hauffsaal (3) erinnert an Willhelm Hauffs Erzählung „Phantasien im Bremer Ratskeller“ (1827). 1927 schuf der Maler Max Slevogt die Fresken. Die Große Halle und der Hauffsaal liegen unterhalb des Alten Rathauses. Die zwei Reihen mit je zehn Kreuzpfeilern übernehmen die Gliederung der Unteren Rathaushalle.
An der Nordostseite befinden sich die Keller der Anbauten: Im (4) Apostelkeller lagern 12 nach Aposteln benannte Fässer (Siehe Foto.); im Rosekeller befindet sich ein Faß mit Wein von 1653. Im (5) Senats- und Kaiserzimmer konnte man den Wein verkosten.
Ein Verbindungskeller (2) führt in den Bacchuskeller (3), benannt nach dem Gott des Weines, der auf dem Fass am Ende des Kellers thront. Dahinter liegen (7) Zunftstube und Alte Schatzkammer. Diese Keller befinden sich heute unter dem Platz „Unser Lieben Frauen Kirchhof“. Ursprünglich stand hier die Alte Börse, die 1888 abbrannte.
Unter dem Neuen Rathaus befinden sich (8) das Lager (Kapazität: 500.000 Flaschen) und die Neue Schatzkammer (Lagerkapazität: 36.000 Flaschen).
Burgmauerrest
Der Bereich um den Bremer Dom war durch eine 1032–41 erbaute Ringmauer geschützt. Das Foto links zeigt freigelegte Fundamente bei Ausgrabungen für das Neue Rathaus. Im Bremer Ratskeller ist ein Mauerquerschnitt dieser Ringmauer erhalten (siehe Foto rechts). Beim Bau des Ratskellers hat man die Mauer weitgehend entfernt.
Neues Rathaus
Das historische Bremer Rathaus wurde 1909–13 durch das Neue Rathaus ergänzt. Der Bau nimmt eine annähernd quadratische Fläche ein, die man nicht bündig hinter das alte Rathaus anbauen konnte, da die Liebfrauenkirche im Weg stand. Architekt war der Bayer Gabriel Seidl, der u. a. das Deutsche Museum in München und das Historische Museum der Pfalz in Speyer plante.
Senatssaal
Der Bremer Senat ist die Regierung des Bundeslandes Bremen. Er tagt im Senatssaal. Das Parlament, die Bremer Bürgerschaft, kommt nicht im Rathaus, sondern auf der anderen Seite des Marktes zusammen – im „Haus der Bremischen Bürgerschaft“.
Teppich und Wanduhr des Senatssaals entwarf der Leiter der Bremer Kunsthalle, Rudolf Alexander Schröder (1878–1962). Die nach ihm benannte Stiftung vergibt den Bremer Literaturpreis (Webseite: http://www.rudolf-alexander-schroeder-stiftung.de/).
Festsaal
Der Festsaal im Obergeschoss war von 1946–66 Sitz der Bremischen Bürgerschaft. Er dient inzwischen als repräsentativer Ort für Veranstaltungen.
Weserrenaissance? Rathäuser an der Weser
Das Bremer Rathaus gilt übrigens als herausragendes Beispiel der Weserrenaissance. Den Begriff prägten Richard Klappheck und Engelbert von Kerckerinck zur Borg in ihrem Werk „Alt-Westfalen. Die Bauentwicklung Westfalens seit der Renaissance“ (1912). Der Begriff ist umstritten: Haben die Gebäude entlang der Weser etwas gemeinsam, was sie von anderen unterscheidet? Die folgenden vier Rathäuser gelten als Beispiele der Weserrenaissance, – aber nur zwei stehen in Orten direkt an der Weser (von Süd nach Nord).
Münden
Umbau 1603–18 durch Georg Crossmann. Das Rathaus Münden steht in Hann. Münden; bis 1990 hieß die Stadt „Münden“.
Höxter
Umbau 1608–18; Erker 1622–Erneuerung des Fachwerks 1783 und 1901.
Einbeck
Wiederaufbau 1549–62, Fertigstellung der drei Türme in den 1590er Jahren.
Lemgo
Umbau 1545; Umbau der Fenster 1589 durch Georg Crossmann.
Bremer Rathaus Führungen
Führungen bietet die Bremer Touristik-Zentrale an.
Die Website www.welterbetour.de bietet Informationen zum UNESCO-Welterbe in Deutschland, Europa und der Welt. Unabhängig und kostenlos.
Das Angebot von www.welterbetour.de nutzten bislang Hunderttausende von Privatpersonen sowie öffentliche Einrichtungen (z. B. Schulen, Kultureinrichtungen) im In- und Ausland.
Bitte unterstützen Sie die Arbeit von www.welterbetour.de: einmalig oder regelmäßig. Es gibt noch viel zu tun. Packen wir’s an! Mehr…